Unser Bus nach Rustenfelde, dem Startpunkt unserer Wanderung, fährt heute als Kleinbus laut Plan 8:14 Uhr „Sitzplätze begrenzt.“ Tim und ich frühstücken in Ruhe, packen unsere Rucksäcke und machen uns rechtzeitig mit Tia auf den Weg. Es sind noch 20 Meter bis zur Bushaltestelle da kommt hinter uns ein großer Bus. Auf dem Schild steht Bornhagen. Es ist gerade erst kurz nach acht. Das kann unserer noch nicht sein!
Zum Glück wartet der Busfahrer auf uns. Ich frage nach, es ist der richtige Bus. Wie kann das sein?
Ich gerate in Hektik, als ich nun die Maske aufsetzen soll, das Fahrgeld suchen muss und mich der Fahrer daran erinnert, Tia den Maulkorb aufzusetzen. Endlich sitzen wir auf unseren Plätzen. Wir sind allein im Bus und bleiben es auch bis wir wieder aussteigen. Tia muss trotzdem den Maulkorb tragen und sieht unglücklich drein. Ich unterhalte mich mit dem Fahrer. Der Bus fährt häufig leer oder fast leer. Es ist schade, dass generell nur wenige Personen mit dem Bus fahren. Es ist ein Teufelskreis. Wenn nur so wenige mitfahren und lieber individuelle Fortbewegungsmittel nutzen, werden noch mehr Busverbindungen gestrichen. Damit wird der öffentliche Nahverkehr immer unattraktiver und am Ende wird die Linie ganz eingestellt. Ältere Menschen, die nicht mehr Auto fahren können, Wanderer und die Umwelt bleiben auf der Strecke. Es trägt aber nicht gerade zur Attraktivität bei, wenn der Fahrplan im Internet veraltet ist und man somit zu spät kommt und den Bus verpasst.
Doch wir haben noch einmal Glück gehabt und unserem Wandervergnügen steht nichts mehr im Wege. In Rustenfelde laufen wir am Rustebach entlang bis wir an eine Weide mit Schottischen Hochlandrindern kommen. Mit langen rotbraunen Haaren, die die Augen verdecken, riesigen Hörnern und einem rosa Flotzmaul stehen sie am Zaun. Am liebsten würde ich sie knuddeln. Aber die Zotteltiere weichen zurück. Hier ist Endstation, wir müssen umkehren. Glücklicherweise finden wir kurz darauf den richtigen Weg aus dem Ort ins Abendtal. Hier geht es unter der Autobahnbrücke der A38 hindurch und dann auf dem von Carsten so genannten Stoppelhoppserschnellweg nach Rohrberg. Der Weg geht bergauf und bergab, ist vom umgebenden Feld kaum zu unterscheiden und an der Autobahn steht ein Tor offen, so dass man direkt auf die Fahrbahn treten könnte. Hinter dem Ort Rohrberg an einer idyllischen Picknickbank machen wir die erste Frühstückspause in der Morgensonne. Am Hang gegenüber beobachten wir einen Hasen, der von Busch zu Busch hoppelt. Im lieblichen Eichengrund in der Nähe des Goldborn, einer Quelle, die im Buchen-Eichen-Mischwald entspringt, watet Tia durch einen Tümpel, um zu trinken. Solange sie den Grund sieht und wenn es nicht zu tief ist, geht sie gern ins Wasser.
Von der Anhöhe hinter Freienhagen haben wir einen schönen Blick zurück auf die Höhepunkte unserer 11. Etappe mit dem Rusteberg, der Burgruine Hanstein und der Junkerkuppe. Tim erinnert mich daran, wie wichtig es ist, in schönen Momenten innezuhalten. Dabei tankt man Energie für die Mühsal des Alltags. Eine Bank lädt zum Verweilen ein.
Im Wald liegen noch Schneereste. Nach Bärlauch, den wir gern für Frischkäse mit nach Hause genommen hätten, suchen wir vergeblich. Auch vom Waldrand auf der Erhebung zwischen Streitholz und Mengelrode hat man eine weite Aussicht. Hier gibt es ebenfalls eine Picknickbank, an der wir Rast machen. Selbst Heiligenstadt ist von hier schon zu sehen. Aber unser Weg führt uns nicht direkt dorthin. Wir brauchen noch weitere 5 Stunden bis an unser Ziel.
Von Mengelrode wandern wir durch das Tal des Flüsschens Beber nach Siemerode. Kurz vor dem Ort kommt man dabei durch ein kleines Wäldchen mit einer Mariengrotte. Hier blühen über weite Flächen gelbe und weiße Buschwindröschen. Schön. Über den Rehberg, vorbei an der Agrar GmbH Günterode, deren Abwässer man sieht und deutlich riechen kann und vorbei am Flugplatz, der verlassen unter den schönen Cumuluswolken liegt, überqueren wir die Autobahn A38. Nun liegt Heiligenstadt vor uns. Wir wandern ins Leinetal hinunter, wo Tia aus dem Fluss trinken kann. Als wir schon innerhalb der Stadt sind, entdecken wir in der Nähe des Freibades in einem kleinen Wäldchen endlich Bärlauch. Schnell das Taschenmesser gezückt und ein paar Blätter für die Küche abgeschnitten. Durch den Kurpark, in dem bei der schönen Nachmittagssonne viele Leute spazieren gehen, laufen wir nach Hause. Nun haben wir auch die zwölfte und letzte Etappe des Eichsfeldrundwanderweges abgeschlossen. Carsten macht ein Zielfoto, das wir neben das vor zweieinhalb Jahren an gleicher Stelle mit gleicher Besetzung aufgenommene Startfoto stellen können: links Tim, in der Mitte Tia und rechts ich.